Ersatzteile
Die Geräusche einer Großstadt dringen auch bis in die 7. Etage hinauf. So bot auch das Hotelzimmer keine ganz ruhige Nacht. Dafür überrascht das Frühstücksbuffet mit seiner Vielfalt. Die Russen essen zum Frühstück gern, was wir uns zum Mittag genehmigen. Daneben bot das Buffet aber auch Eier in mehreren Varianten, Obst, Gemüse, Räucherfisch und ... sowjetischen Sekt ... Natürlich kommt auch ein GLas von dem extrem süßen Gesöff auch auf unseren Tisch. Na, jetzt kann der Tag ja nur gut werden ...
Unser Tagesprogramm beginnt jedoch mit einem Pflichtbesuch. Land Rover in Nowosibirsk hat unsere bestellten Schrauben für unseren Dachträger inzwischen erhalten, und wir sind dort dank Übersetzerhilfe aus Deutschland bereits angemeldet (Spasibo nochmals auf diesem Weg). Michail L., mit dem wir KOntakt aufnehmen sollten, hat zwar Urlaub, aber dank anderer bemühter Mitarbeiter im Autohaus und einiger weniger Brocken Englisch können wir uns dort verständlich machen und halten nach einer halben Stunde die ersehnten Ersatzschrauben in der Hand. Jetzt noch im Zubehörhandel etwas Dichtmasse besorgt, und schon haben wir alles, was wir für eine Reparatur benötigten. Da diese jedoch etwas Zeit in Anspruch nimmt, denn alles muss vom Dach einmal runter und dann wieder rauf, fahren wir erst einmal aus der Stadt und hoffen, bald einen angenehmen, mückenfreien Ort zu finden, an dem wir uns die Reparaturzeit ans Bein binden können. Also los Richtung Westen, bevor an vielen Automoikas. Unsere Dicke könnte auch einmal wieder eine Wäsche von außen gebrauchen und so lassen wir sie moiken, also waschen ...;-) Gerade raus aus der Wäsche, fängt es an zu nieseln, der Regen wird stärker, wir fahren durch Baustellen, die Dicke ist wieder vermistet. Naja, der gute Wille war ja da ...


Ab jetzt heißt es - leider wieder - Kilometer schrubben, denn auch auf dem Rückweg lässt sich dieses riesige Russland nicht eben einfach im Vorbeifliegen durchqueren. Die Highlights, die auf der Strecke liegen, haben wir ja nun auch schon auf dem Hinweg gesehen, so dass jetzt noch mehr (VOrbei-)Fahrerei angesagt ist. Wir erfreuen uns dennoch an der sibirischen Landschaft. Wieder geht es hunderte von KIlometern vorbei an Birkenwäldern, Sümpfen, Wiesen. Ab und an mal riesige bestellte Felder, auf denen man jetzt die Erträge sehen kann. Getreide, Kartotteln, Raps, Sonnenblumen usw. Und so rollen wir - wenn nicht gerade eine Baustelle durchquert werden muss - mit 90 km/h durch das riesige Land. MIt uns rollen wieder etliche LKW auf der Strecke, die uns überholen, wenn die Geschwindigkeit durch Schilder reduziert wird ... alles schon bekannt für uns und dennoch macht es uns Spaß. Ja, wer eine solche Reise macht, muss Spaß haben am Autofahren und solange die Dicke surrt, haben wir auch Spaß daran ...
Bei Kargat steht eine kleine HOlzkirche am Straßenrand, dahinter ein Cafe (was hier immer gleich ein Restaurant ist). Mit Kaffee und Blinis sitzen wir in der Sonne, die jetzt wieder ihre volle Kraft entfaltet.
Ulkig wird es dann heute beim Tanken. Bezahlen muss man ja immer vor dem Tanken. Es reicht auch oft nicht, dass man sagt, dass man voll tanken will, sondern man muss eine Summe oder eine LIterzahl sagen. Unsere VOrgehensweise ist folgende: Der Handy-Übersetzer hält schon das "Volltanken bitte Säule Nr. Diesel" bereit, das dem freundlichen Spritverkäufer von uns unter die Nase gehalten wird. Manchmal KOpfnicken, klappt, auch ohne vorher zu Löhnen. Oft genug aber eben nicht, dann versucht das Gegenüber in russischen Wortschwall uns zu erklären, dass eine Summe oder Literzahl angegeben werden muss. Unsere Erwiderung: VOlltanken bitte. KLappt dann meist aber doch nicht. Und so schätzen wir dann die LIterzahl, die unser Tank wohl gerade schlucken könnte. Dann wird getankt, und der Tank ist dann eben nciht ganz voll. Auch OK. Heute war das Gegenüber, dem wir den ÜBersetzer vorhalten wollen, aber nicht zu sehen, sondern nur zu hören. Eine knarzige Stimme tönte russisch aus dem Laden und ein Auszug schob sich durch die getönten Scheiben. Ah, verstanden, kein Ladenbesuch, sondern nur Kontakt durch die Scheibe, durch die jedoch niemand zu sehen ist. Also lege ich das Handy mit der Anweisung "Volltanken" in den Auszug, der sofort wieder nach innen gezogen wird. Wieder russisches Geknarze aus dem Lautsprecher, keine Ahnung, ob männlich oder weiblich. Dann kommt der Auszug wieder raus ... mit Handy ... und einem Zettel, auf dem ein Fragezeichen gemalt ist. Hm, was ist denn da nicht zu verstehen, steht doch schließlich alles im Übersetzer? Aber ich verstehe ... es gibt wieder mal kein Diesel, ohne vorher zu löhnen, das kennen wir ja schon. Und so gibt's dann geschätzte 60 Liter, und wir fahren mit einem nicht vollen Tank und einer Erfahrung mehr weiter ... es macht aber nicht so richtig Spaß, Geschäfte nur mit einer Knarzstimme aus dem Off zu machen ...
Lange suchen wir heute wieder nach einem schönen Stellplatz ... umsonst, wie schon auf dem HInweg in dieser Gegend, die sowas von mückenverseucht ist ... soviel Natur und Seen um uns herum, aber überall, wo wir es versuchen, werden wir von den Blutsaugern überfallen. So bleibt am Ende wieder nur ein Truckstop, die erstaunlicherweise immer mückenfrei sind. Aber wenigstens gibt es hier rund um die Uhr etwas zu essen und meist auch Toilette, DUsche und manchmal sogar Banja. Wir stellen die Dicke etwas abseits der Straße hinter einer Mauer, dennoch ist es natürlich nicht ganz ruhig. Dann gibt's noch eine leckere Bratkartoffelpfanne mit Schweinefleisch und frischem Salat und natürlich einem Bierchen. Dann kriechen wir in unsere Stojanka und morgen früh können wir eine Stunde länger schlafen ... dann holen wir die zweite Stunde Zeitverschiebung wieder ein.