Katun
Es ist schon warm, als uns die Morgensonne begrüßt. Erstmals haben wir aber eine feuchte Wiese rundherum, obwohl wir ja schon öfter in den Bergen und an Flüssen übernachtet haben. Gerade als wir mit dem Frühstück fertig sind, kommt eine Kuhherde vorbei und will auch noch etwas abhaben von dem saftigen Grün um uns herum. Wir haben hier seit der Einreise aus der MOngolei übrigens überall Zeckenwarnschilder stehen gesehen. In Vorbereitung auf diese Reise haben wir uns zwar gegen FSME impfen lassen, so viele Warnschilder machen einen jedoch manchmal auf einer noch so schönen grünen Wiese skeptisch. Und so schauen wir öfter als sonst auf uns und an uns herab, immer auf der Suche nach einem der bösen Viecher. Bisher ohne Erfolg - zum Glück.
Auf dem Weg durch das Altai überqueren wir einen letzten nennenswerten Pass, den Seminski-Pass. Wie bereits gestern haben sich auch hier diverse Souvenir- und Futterbuden aufgebaut. Nur dieses Mal gibt es keine Weitsicht, sondern nur den Blick auf ein kleines Skigebiet mit LIft, wo derzeit natürlich nicht allzu viel los ist. Ein Obelisk am Pass erinnert an die 200jährige Zugehörigkeit zum russischen Reich. Das Schild, das uns aber sehr viel besser gefällt, ist ein Entfernungs-Wegweister. Und das erste Mal sehen wir Berlin dort erwähnt (neben Ulan Bator, Wladiwostok, Moskau und Tokio). Wir haben danach nach Berlin noch den weitesten Weg vor uns (über 4700 km, wahrscheinlich Luftlinie).
In Schebalino (klingt irgendwie italienisch) nutzen wir den Internetempfang im Dort für einen längeren Stop in einem kleinen Cafe. Kaffee und Quarkfladen versüßen uns den Aufenthalt, und wir können endlich die fertigen Berichte der letzten Tage online stellen.


In Ust-Sema wollen wir noch einmal einen Abstecher vom Chuisky-Trakt machen. Eine Straße nach rechts führt ncoh einmal am Ufer des Katun, des großen Gletscherflusses, ab. Im Reiseführer hatten wir gelesen, dass dieser Abstecher in eine doch recht touristisch geprägte Gegend führt (kein Wunder, wenn es uns hier gefällt, so geht das wohl auch anderen so). Doch mit soviel Trubel hatten wir nicht gerechnet. So viele Unterkünfte und Hüttenvermietungen, Wildcamper im Wald, Verkaufsstände an den Straßen und in den Dörfern hatten wir vorher noch nicht gesehen. Wie an der Ostsee im Hochsommer. Man kann reiten, man kann auf dem Gletscherfluß Raftingtouren machen, Ausflüge hierhin und dorthin werden angepriesen - und wir mittendrin. MIt staunenden Augen fahren wir an dem ganzen Theater entlang, schließlich erliegen auch wir dem Shopping-Rausch und kaufen uns Brombeeren und Blaubeeren aus dem russischen Garten Wir machen einen Halt am Fluß, wo soviel Sediment abgelagert wurde, dass man fast von einem Strand sprechen kann. Ein weiterer lohnenswerter Stop ist eine kleiner Klosterinsel, die mitten im Fluß liegt, und nur über eine abenteuerliche Hängebrücke von 200 m (nur für 12-15 Personen gleichzeitig zugelassen) zu erreichen ist. "Hausfrauenküche" - frei übersetzt von uns - mit überdachter Terrasse zum Draußen sitzen (ist hier nicht selbstverständlich) lockt uns dann auch noch an. Wir bestellen - weil beim Nachbarn auf dem Teller gesehen, als wir unseren Tisch ansteuern -Lagman, einen übervollen Topf mit Fleisch, Gemüse, roter Soße, Nudeln. Eine gute Entscheidung, das war total lecker. Hier im Lokal treffen wir auf ein paar Russland-Deutsche, die im Allgäu leben und jetzt hier im Urlaub sind. Sie helfen uns noch bei der Übersetzung der SPeisekarte, was eigentlich nicht mehr notwendig war und erzählen uns - nachdem sie unsere Dicke erblickt hatten - von ihrer Tour zu den Karakol-Seen. Anschläge über Touren zu diesen Seen hatten wir auf dem Weg zu Hauf gesehen und uns schon gefragt, was denn daran so besonders sei. Jetzt hatten wir ein paar mehr Informationen. Sieben kleine HOchgebirgsseen, zu denen man nur mit extrem offroad-tauglichen Fahrzeugen kommt. WIr würden - so die Aussage - mit unserer DIcken nur den halben Weg schaffen. OK - wir sind angefixt und buchen ganz spontan mit Hilfe der Russland-Deutschen die Tour für morgen. Es geht früh um 7 Uhr los, wir treffen Alexej, unseren Fahrer, dann geht's zu den Seen. SPontane Ideen sind ja oft die besten und so freuen wir uns schon auf den morgigen Tag.


Da wir Alexej morgen genau an diesem Lokal treffen, wo wir gerade essen, wollen wir uns für die Nacht nicht allzu weit weg niederlassen. WIr versuchen zunächst einen Campingplatz am gegenüber liegenden Ufer des Katun. Hierfür müssen wir über eine Brücke, für die sogar Überfahrtgebühr verlangt wird. EIne Hängebrücke aus HOlz für Autos, mit Schranke, weil immer nur ein Auto durchfahren kann. DIese Brücke ist so aufregend, dass wir zunächst zu Fuß die Brücke überqueren. Das ganze Konstrukt bebt und wackelt, sobald ein Auto auf der Brücke ist, aber sie hält. Und sie soll auch uns halten. Der Fahrer fährt, die Navigatorin läuft voraus und macht wacklige Fotos. So schön aufregend. Und dabei umsonst, da wir auf der gegenüber liegenden Uferseite für unseren Nachtplatz nicht fündig werden. Ein paar Kilometer geht es flußabwärts, bis wir den Katun wieder auf einer normalen Brücke überqueren können und zurückfahren. Ok, jetzt machen wir es uns praktisch und nehmen uns auch eine HÜtte für die Nacht, sogar mit Dusche und WC im eigenen Haus. EIne schöne gepflegte Anlage haben wir uns ausgesucht, die sogar einen Pool beinhaltet, den wir natürlich auch noch nutzen. Und eine Dusche nach so vielen Tagen ohne ist ein Königreich auf Erden. Zu unserem morgendlichen Startplatz sind es ca 15 Minuten zu fahren. Daher jetzt schnelle ins Bett, um 5:55 Uhr klingelt der Wecker ...;-(