Grenzerfahrung

Grenzerfahrung

 

6 Stunden. Damit könnte eigentlich alles gesagt sein, wenn es nicht doch noch die eine oder andere Anekdote dabei gäbe.
Heute soll es für uns am Grenzübergang Tsagaannuur wieder nach Russland gehen. Noch 90 km bis zur Grenze, das meiste davon ist asphaltiert. Im letzten Ort vor der Grenze wollen wir unsere letzten Tugrik gegen Diesel eintauschen, und hier passiert dann zum ersten Mal das, womit wir eigentlich schon früher einmal gerechnet häten. Kaum bleiben wir an der Tankstelle stehen, ist das Auto von 10 - 15 Personen umringt, vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen. Alle reden, zeigen, wollen etwas haben. Ob es das Stofftier ist, welches auf dem Cockpit steht, oder  ein Stift oder der illegale Tausch von Geld. Zu guter Letzt taucht während des Tankens auch noch ein Fahrzeug auf, welches direkt hinter uns stehen bleibt und ständig hupt. Wohlbemerkt, es gibt eine! Zapfsäule und an der tanken wir gerade. Wahrschenlich soll uns das Gehupe nur von irgendetwas ablenken. Zumindest ist die ganze Situation innerhalb kürzester Zeit so unübersichtlich, dass wir froh sind, als wir unbeschadet wieder im Auto sitzen.
Direkt vor der mongolischen Grenze werden wir noch einmal angehalten. Eine junge Frau in Uniform verlangt 10000 Tugrik, irgendeine Gebühr für keine Ahnung. Ich bin mir nicht mehr sicher ob wir überhaupt noch 10000 haben und deute der Frau an das wir möglicherweise nicht mehr genug haben. Sie lächelt und fragt wieviel wir denn haben. Ich zähle durch und tatsächlich sind es noch knapp über 10000. Ich gebe ihr die verlangten 10 und sie steckt das Geld ein. Als ich ihr zu verstehen gebe das ich eine Quittung erwarte verfinstert sich ihr Gesichtsausdruck. Mürrisch holt sie den Quittungsblock hervor und stellt uns die Quittung aus. 100m weiter stehen wir schon in der Schlange die vor dem mongolischen Kontrollposten wartet. Etwa 10 Autos stehen vor uns. 9 davon sind Kleinbusse von UAZ mit mongolischen Kennzeichen in denen immer mindestens 2 Personen mehr sitzen als man glaubt das reinpassen und auf deren Dach ganze Hausstände verpackt sind. Von jetzt an soll es noch 6 Stunden dauern bis wir die Grenze passiert haben und dies 6 Stunden teilen sich Mongolen und Russen gleichmäßig auf. Der Unterschied - Bei den Mongolen wird eigentlich nur gewartet. Bei den Russen wird in der gleichen Zeit eine Menge kontrolliert und eine Menge Papier erzeugt. Zunächst dauert es etwa eine Stunde bevor sich an dem Tor an dem wir in der Schlange stehen überhaupt irgendetwas tut. IN der Zwischenzeit spielen die Mongolen die in der SChlange stehen "Bäumchen wechsel dich" und faren mit ihren Bussen mal ein Stück vor und wieder zurück bis irgendwann Platz ist damit einer von ganz hinten an allen vorbeifährt und sich fast vorne einreiht. Die Mongolen drängeln und schieben überall, wieso also nicht auch hier. Nachdem in der ersten Stunde ansonsten absolut nichts passiert ist brauchen wir die zweite Stunde bis auch wir dann das vor uns liegende Tor durchfahren können. Mehr als zwei Fahrzeuge werden nicht gleichzeitig durchgelassen. Meistens. Mit uns kommen jedoch noch mehrere LKW durch. Und schon geht das gedrängel und GEschubse wieder los. Zu jedem Fahrzeug gehört ein Laufzettel den man - mit drängeln und nachfragen und nochmal nachfragen schon bekommt bevor man durch das Tor fährt, ansonsten eben bei der Durchfahrt. Auf diesen Laufzettel kommen im verlaufe der nächsten Stunde drei Stempel. Die Fahrzeugkontrolle beschränkt sich darauf sich das Fahrzeug aus ungefähr 20 m Entfernung anzusehen und bedächtig zu Nicken. Nach dem dritten Stempel noch eine UNterschrift udn schon - ne noch nicht ganz. Passkontrolle (hatten wir bis dahin schon 2 mal) und - ganz wichtig - der Ausreisestempel. Die IT der Mongolen ist dermaßen gut das zwischen dem einscannen des Passes und der Rückmeldung vom System das der Ausreiewillige auch ausreisen darf schonmal 5 Minuten vergene können. Gut das nur noch 5 Leute vor uns stehen:-) Aber dann sind wir auch "schon" durch.
Zwischen dem mongolischen und dem russischen Kontrollposten liegt an dieser Grenze ein 20 km breiter Streifen Land der schon zum Staatsgebiet der russischen Föderation gehört. Nachdem der hinter einem liegt - wie sollte es anders sein - der nächste Zaun. Auch hier dauert es eine Weile bis wir durch diesen gewunken werden. Danach geht es quasi Schlag auf Schlag (gähn). Wie schon erwähnt geht bei den Russen die Zeit für Kontrolle und das erstellen von Papieren drauf. Unsere eigene Kontrolle geht relativ schnell. Es wird nach Drogen und Waffen gefragt. Einmal ins Handschuhfach geschaut. Der Koffer mal geöffnet. In die Dachbox geschaut und das war es. Bis es allerdings dazu kommt sind vor uns die Busse der Mongolen dran. Und deren Kontrolle sieht ganz anders aus. Deren Autos werden komplett geleert. Alles raus, alles vom Dach herunter und dann alles durchleuchtet, teilweise Pakete aufmachen. Wie auch schonmal erwähnt befinden sich auf den Dächern ganze Hausstände mit 20 und mehr Koffern, Paketen, Stühlen, Fahrrädern. Und das dauert dann eben. Die Notwendigen Papiere sind derer drei. Die Migrationskarte, die Zollerklärung und eine Erklärung die wohl eher Statistischen Zwecken dient, in der Fragen nach dem Kilometerstand des Autos oder nach der Anzahl der Grenzübertritte innerhalb der eurasischen Zollunion gestellt werden. Sowohl die Migrationskarte als auch die Zollerklärung werden in zweifacher Ausführung benötigt. Eine verbleibt beim Zoll, die andere führt man mit. Und hier zeigt sich dann die geballte Ineffizienz der Vorgänge. Zum einen bekommt man diese Formulare nicht etwa beim Einlass in den Kontrollbereich sondern immer erst dort wo es benötigt wird. Und dann hat man zwei Optionen. Man füllt das Formular direkt am SChalter aus - dort gibt es in der Regel aber weder etwas zu schreiben noch eine Fläche auf der man das machen könnte - oder man verlässt den Schalter um das Formular auszufüllen und stellt sich dann weder an. Da man zur zweiten Option "gedrängt" wird steht man also an jedem Schalter zwei mal an und wenn man Pech hat stehen vor einem 3 Leute mit ausgefüllten Formularen während man selbst eigentlich nur das Formular braucht. Dazu kommt das man ständig seinen Platz in der Schlange verteitigen muss, zur Not auch indem man laut wird oder jemanden einfach wieder beiseite schiebt. Das die Formulare in zweifacher Ausfertigung identische vorliegen müssen heisst übrigens nicht das es ein Original und einen Durchschlag gibt:-) Nein. Beide Formulare werden komplett von HAnd ausgefüllt. Und so schaffen dann auch die Russen ihre drei Stunden so das wir nach nur 6 Stunden wieder in Russland eingereist sind.
Als wir eingereist sind war der Unterschied sofort merklich. Plötzlich gab es Tierherden, Gers und Reiter. Plötzlich roch es überall nach wildem Thymian und wilden Zwiebeln. Diesen Unterschied kann man an diesem Grenzübergang nicht so wahrnehmen. Eigentlich ist alles wie vor der Grenze. Ausser das die Strasse ab jetzt asphaltiert ist, wir wieder was lesen können:-) und - nicht unwichtig - es gibt wieder Kafe´s am Strassenrand und in den Orten in denen man auch etwas zu Essen bekommt. Und so suchen wir uns eines diese Cafes, bestellen Borscht und Soljanka und suchen uns danach, abseits der Hauptstrasse, unseren Stellplatz. Kurz bevor wir schlafen gehen, stellen wir noch die Uhr eine Stunde zurück. Mit dem Grenzübertritt sind wir auch wieder in eine andere Zeitzone gerutscht.
Ach so, da im Grenzbereich das Fotografieren verboten ist gibt es auch keine Bilder.