Ölgii

Ölgii

Schon beim Frühstück schweift unser Blick zum Gletscher, in dessen Richtung wir heute unterwegs sein werden. Wir wollen weiter Richtung Westen nach Ölgii und noch ein wenig in den mongolischen Bergen und im mongolischen Altai unterwegs sein. Die Hauptstrecke nach Khovd könnte durchaus vollständig asphaltiert sein. Wir haben jedoch von den mongolischen Pisten nicht genug ...;- und wählen eine Nebenstrecke. Zunächst sind auch wir aber auf Asphalt unterwegs, müssen dann aber das schwarze Band verlassen, weil es gerade neu gemacht wird. So neu, dass wir dabei quasi noch zuschauen können - was aber auch heißt, wir müssen die Piste, die neben dem schönen neuen Asphaltband läuft, benutzen. Ja, viel wird gebaut in der MOngolei. Waren es vor wenigen Jahren nur 3000 km Asphalt im ganzen Land, dass - zur Erinnerung - mehr als vier Mal so groß ist wie Deutschland - wird man in zwei drei Jahren ein völlig anders Straßennetz vorfinden und wahrscheinlich viel bequemer als es heute möglich ist das riesige Land bereisen können.
 
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Unsere Nebenstrecke, die uns so nah wie möglich an den Gletscher heranbringen soll, ist jedenfalls eine gute Wahl - auch wenn so mancher Kilometer beschwerlich über Rumpelstrecke führt. An diesen Abschnitten kann man gut die Gletschermoränen erkennen, fast keine Vegetation und Geröll über Geröll. Bald haben wir diese Abschnitte überwunden und finden uns in der beeindruckenden Bergwelt des Tsambagarav-Gebirgsmassivs wieder. Grüne Wiesen umrahmt von hohen Bergen, auf denen teilweise die weißen Gletscherzungen ins Tal reichen. Wir sind auf einer Hochebene und bewegen uns auf ungefähr 2500 Höhenmetern. Wieder sehen wir Geiern an Kadavern rumnagen. So mancher Fluß ist zu überqueren, der größte windet sich durch eine Gletschermoräne, so dass wir in dem Geröll - das faust- bis kindskopfgroße Steine beinhaltet, über die wir müssen - das Ende der Furt kaum erkennen können. Auf Wiesen sind die Pisten immer gut erkennbar, aber auf Geröll werden nun mal selbst durch unsere Dicke kaum Spuren hinterlassen. Immer wieder halten wir an und genießen die Aussicht. Am Fluß Khovd erwarten uns dann Bäume, die das Flußufer säumen - das ist schon etwas Besonderes, wenn lange Zeit das höchste an Büschel bis an die Knöchel geht. Wieder geht es mal durch Geröllebenen am Fluß oder durch grüne Wiesen. Auf denen finden sich dann auch wieder sehr viele Jurten und Viehherden.
Es dauert den ganzen schönen Tag, bis wir Ölgii erreichen. Da wir noch weiter in den Nationalpark im mongolischen Altai wollen, müssten wir hier vor Ort eine Genehmigung für den Nationalpark einholen und zudem einen Grenzzonenschein, da der Nationalpark sehr nah an China und Russland grenzt. Mit Hilfe einer Museumsangestellten finden wir sogar das richtige offizielle Büro, das aber - weit vor der Zeit - bereits geschlossen hat. Nur nebenbei - irgendwie erinnern die Flure des Gebäudes doch sehr an alte DDR-Zeiten. OK, bis morgen wollen wir nicht warten, um in den Genuß unserer Erlaubnisse zu kommen. Und überhaupt, bisher hat es mit den Besuchen der Nationalparks auch ohne vorherige Genehmgiung geklappt, was wir auch für dieses Mal hoffen, und sollte uns die Grenzpolizei tatsächlich über den Weg laufen, werden wir auch das vor Ort klären und uns im Zweifel zurückschicken lassen.
 
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Dafür haben wir in Ölgii noch etwas anderes Schönes entdeckt - das "Pamukkale", ein türkisches Restaurant mitten in der Westmongolei. Da das Essen hier in der Mongolei nicht unbedingt der Renner ist und Restaurants ohnehin Mangelware, lassen wir uns natürlich diese Gelegenheit nicht entgehen. So kommen wir in den Genuß eines Kebap-Mix-Tellers - durchaus annehmbar, wenn auch mit mongolischem EInschlag. ZUfrieden verlassen wir das Lokal und Ölgii. Dem Ort merkt man im Übrigen auch sein Anderssein an. Mehr als 90 % der EInwohner sind Kasachen und die sind wiederum überwiegend Muslime. So verwundert es dann auch nicht, mehrere kleine Moscheen vor Ort zu finden. Auch äußerlich sind sowohl den Menschen als auch den Häusern die muslimischen Einschläge anzusehen.
Ein paar Kilometer hinter Ölgii finden wir dann auch wieder ein wunderschönes Plätzchen für die Nacht. Auf über 2200 m liegt unser Nachtcamp und das merkt man dann auch an den Temperaturen.
Der nächste Tag wird ein Murmeltiertag. An keinem anderen Tag haben wir so viele Murmeltiere gesehen, die leider für unsere Kameras viel zu scheu sind. Einmal in ihrem Bau verschwunden, kommen sie kaum wieder raus.
Die gestrigen letzten Kilometer von Ölgii waren wieder mal Waschbrettpiste vom Feinsten. Und so sollte es heute auch weitergehen ...;-( Dickes Waschbrett wechselt sich mit Rumpelpiste ab. Wir durchqueren wunderschöne Landschaften im mongolischen Altai, furten kleinere Bäche, überwinden abenteuerliche Holzbrücken, bis wir hinter Tsengel, einem der westlichsten Orte der Mongolei, wieder auf den Fluß Khovd treffen. Am Ufer finden wir einen wunderschönen Platz. Die Flußufer sind grün mit einigen Büschen und Bäumen, beide Ufer sind von steilen Geröllbergen umrahmt, wir sehen sogar Leute beim Heu machen(natürlich von Hand mit der Sense). Und wir treffen eine Entscheidung - wir haben genug von den Rumpelpisten, den ganzen Tag ging es schon so und wir vermuten, dass die Strecke noch weiter ins Gebirge hinein kaum besser werden wird. Weitere 150 - 200 km auf diesen Strecken wollen wir uns einfach nicht antun, und zurück müssen wir ohnehin auch rumpeln. Und so richten wir uns für den weiteren Tag am Fluß ein. Zunächst mit einem Bad im recht kühlen, strömenden Fluß, was aber angesichts der brennenden Sonne eine Wohltat ist. Wir kochen Kaffee und knabbern Kekse. Und bei soviel Zeit am Wasser kann man natürlich auch gleich mal ein wenig Wäsche im Fluß waschen. EIne Leine zwischen den Büschen ist schnell gespannt, und Sonne und Wind sorgen dafür, dass alles sehr schnell trocken ist. Immer wieder geht's zur Erfrsichung in den Fluß. Herrlich ... Bei soviel Müßiggang entdecken wir dann am gegenüberliegenden Flußufer ein Raubvogelnetz mit einem jungen Vogel. Die Elterntiere kreisen oft und tief über uns, wohl um abzuchecken, ob wir eine Gefahr für das Jungtier sind. Ab und an fährt auf der Piste ein Fahrzeug vorbei. Es ist Idylle und Entspannung pur, so dass wir fast den ganzen Tag hier verbringen.
 
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Später rumpeln wir zurück und wählen aber eine andere Piste, um wieder Richtung Ölgii zu gelangen, auf der wir fast allein unterwegs sind. Der Untergrund ist dieses Mal etwas besser. Und die dicken runden Murmeltiere laufen uns auf den hohen Pässen, die wir überwinden zu Hauf über den Weg. Kaum steigen wir jedoch aus, sind sie weg. Aus der Ferne ist noch ein kleiner Zweikampf zwischen Murmeltieren zu beobachten. Und die Weitblicke auf die hohen 4000er sind herrlich. Kurz vor Ölgii führt die Piste noch einmal durch eine enge Schlucht. Der Boden ist mit Geröll bedeckt und Wasser, das derzeit in Flußbett nicht vorhanden ist, hat tiefe Furchen in die Piste geschnitten. Langsam geht es voran, doch dieses Teilstück macht Spaß.
Hinter Ölgii - schon in Richtung der russischen Grenze, die wir morgen überqueren wollen - finden wir auf einem sanften Hügel einen Platz. Es ist windstill, wir decken den Tisch, es windet stark, wir verrücken den Tisch, dann ist es wieder windstill und ein paar Fliegen kommen. So geht es hin und her, aber wir schaffen unser Mahl. Die Sonne ist beim Abendessen am Untergehen, so dass die Hügel herrlichen lange Schatten werfen. Eigentlich herrlich ... eigentlich, wenn da nicht in einiger Entfernung plötzlich ein paar Leute mit Mopeds auftauchen udn dort einfach stehen bleiben. Was machen die dort? Wir sind einige Kilometer von der Asphaltstraße ins Tal zu "unserem Hügel" gefahren und niemand ist uns dort begegnet. Kein Haus, kein Tier, nichts und niemand. Und diese Leute bleiben genau am Fuß unseres Hügels stehen und stehen und stehen - über eine Stunde. Es ist kaum genau zu sagen, warum, aber wir fühlen uns nicht wohl hier. Und was soll's? Die SOnne ist fast untergegangen und im Dunkeln schlafen kann man an jedem anderen Platz. Also packen wir nach dem Abendessen unser Zeug wieder ins Auto, fahren zur Asphaltpiste zurück und suchen uns im Dunkeln einige Kilometer weiter einen anderen Platz. Nicht schön, so "gestört" zu werden - aber wir fühlen uns jetzt besser udn werden im Autobett noch gemütlich den wunderschönen Tag aus.