Nordroute
So langsam fängt die Zeit an zu rennen. Fast zwei Monate sind wir nun schon unterwegs und jetzt eigentlich schon seit längerer Zeit auf dem Rückweg. Manchmal kommt schon jetzt ein wenig Wehmut auf, dass auch diese schöne Zeit einmal ein Ende haben wird, aber hey, noch sind es fünf ganze Wochen, die wir uns die Welt beschauen können, und das ist mehr, als wir sonst in unserem Sommerurlaub unterwegs sind. Also ... rein in den Start für einen schönen Tag ... und was soll ich sagen ... der Ausblick von unserem Felsen ist am Morgen immer noch so schön wie am Abend. Geweckt werden wir von einer Pferdeherden, zum Frühstück schauen Kühe und Yaks vorbei und später bei der Morgenwäsche noch eine Ziegen- und Schafherde. Und über allem wachen wieder jede Menge Greifvögel. Manche fliegen so nah über unsere Köpfe hinweg, dass man sie vorbeifliegen hören kann.
Zunächst geht es wieder auf unsere schon vom gestrigen Tage bekannte Baustellenpiste, aber zum Glück nur für wenige Kilometer. Wir hatten die Wahl: erst weiter nach Westen und dann noch Norden abbiegen oder umgekehrt. Die Baustellenpiste erleichtert die Entscheidung, und die war mal nicht die schlechteste. Nachdem wir den Einstieg in die Nebenpiste gefunden haben, führt die Strecke (wieder mal) durch eine wunderschöne Gegend. Weitblicke wechseln sich mit schöner Hügellandschaft ab. Später kommen noch Lärchenwälder hinzu. Immer wieder halten wir an, um das eine oder andere in der Ferne durch's Fernglas genauer zu betrachten oder auch um in die Knie zu gehen, um ein paar schön blühende Wiesenblumen in Makroaufnahme zu fotografieren. Es ist sehr wenig los auf dieser kleinen Piste, auch wenige Jurten sind zu sehen, ganz selten kreuzt ein Moped oder ein LKW (wie immer schief und hoch und voll beladen, meist mit einem ganzen Hausrat einer Nomadenfamilie oder mit Schafs-, Yak- oder Kamelwolle).


Eine ganze Schar Geier und anderes Greifgetier erregt irgendwann unsere Aufmerksamkeit. Erst sieht man einen am Wegesrand sitzen, dann sieht man genauer hin und am Ende zählen wir 50 Tiere, vielleicht sogar mehr. Wir nähern uns erst langsam mit dem Auto, steigen dann vorsichtig aus. Einige Geier, die auf der Wiese sitzen, fliegen auf und lassen sich einige Meter weiter wieder nieder. Manche hüpfen nur etwas von uns davon. Wenn sie fliegen, sieht man erst einmal, wie groß sie eigentlich sind. Als wir die ersten Fotos im Kasten haben, trauen wir uns näher heran. Es ist so eine große Menge an Vögeln. Bis auf ca. 30 m lassen sie uns heran. Zwei Kadaver finden wir, als wir die Gegend näher untersuchen, über den sich das Federvieh genüßlich hergemacht hatte, bis die Touris zum Fotoknipsen vorbeikamen. Es macht uns viel Spaß, diese großen wilden Tiere so aus der Nähe betrachten zu können.
Dann geht's weiter durch schöne hüglige und bergige Landschaft, die Piste mal gut, mal weniger. Immer wieder flitzen die kleinen niedlichen Ziesel über die Wiese, bis sie ihr rettendes Loch erreicht haben. Hat man Geduld, schauen sie ein wenig später wieder heraus. An einem kleinen Flüßchen machen wir Rast und stören dabei eine PFerdeherde, die mitten im Wasser zusammensteht und die Köpfe zusammensteckt. Zeit für unsere Melone, die wir gestern gekauft hatten. Genüßlich verspeisen wir die leckeren Stücke. Und auch zwei neugierige Hirten, die auf ihren Pferden angeritten kommen, nachdem sie ihre Herde weiter getrieben haben, bekommen etwas von unserer Leckerei ab. So wie wir scheinen die beiden die Melone aber nicht zu genießen, was wir überhaupt nicht verstehen können.


Wir müssen eine größere Bergkette überwinden. Der Weg teilt sie (wie so oft), doch einmal treffen wir wohl die falsche Pistenwahl. Der Weg wird immer schlechter, führt in einen Wald hinein und ist doch kaum noch als solcher zu erkennen. Es geht hoch und runter, über Stock und Stein und Gehölz, um einzelne Bäume herum. Fast sind wir geneigt umzudrehen, haben aber auch gelernt, dass in der MOngolei irgendwo immer ein Weg hinführt. Als schließlich weiter unten im Tal nach längerer Zeit wieder eine Jurte auftaucht, sind wir sicher, dass wir auf diesem Stück auch wieder auf die Hauptpiste kommen. Geschafft! Wir kommen noch an einem winzig kleinen Militärposten vorbei (es sind wohl kaum mehr als 50 km bis zur russischen Grenze zur Republik Tuwa), dann führt uns unsere Nebenpiste auf ... noch eine Nebenpiste. Wir sind etwas überrascht, hatten wir doch eine etwas größere Piste erwartet, schließlich ist das die sogenannte "Nordroute", die von West nach Ost quer durch die Mongolei führt. Was wir hier beim Abbiegen vorfinden, ist nichts anderes als ein Feldweg. Aber gut, nehmen wir halt diesen. An unserem heutigen Tagesziel, dem See Bayan Nuur, werden wir aber wohl auf dieser Piste nicht mehr ankommen.
Die Nordroute führt entlang des nördlichen Sanddünenfeldes der Welt. Schon aus der Ferne haben wir diesen riesigen Dünengürtel, der sich über 180 km lang zieht, gesehen. Inmitten dieses DÜnengebiets liegt der Bayan Nuur, an dem wir die Nacht verbringen wollen. Aber wir verzagen nicht angesichts der kleinen Piste, sondern fahren einfach weiter - erstaunlicherweise geht es zunächst kilometerlang an Feldern vorbei, scheinbar wird am Rand der Düne richtige Landwirtschaft betrieben. DIe Strecke zieht sich, dennoch ist es schön, die Gegend um uns herum ist platt wie eine Flunder, rechts von uns in ca. 5 - 10 km ENtfernung die Dünen und weit vor uns am Horizont etwas höhere Berge und ... was ist das denn? Schon wieder ein Sandsturm? VIelleicht kommt der von den Dünen her? Seit wir auf die NOrdroute gefahren sind, hat auch der Wind erheblich zugenommen, also tatsächlich wieder ein Sandsturm? Die dicken Wolken könnten auch keine Wolken sein. Ein paar Kilometer weit wissen wir es genauer. Wir durchqueren gerade eine Furt, als die ersten Regentropfen auf unsere Scheibe kommen. Wo wollten wir hin? An einen Dünensee? Bei Regen und Sturm? Na toll. Der Regen wird heftiger und heftiger, so heftig, dass selbst der Schnellwischgang der Scheibenwischer nicht mehr hinterherkommt. Die Temperatur sinkt schlagartig auf 13 Grad ab. Der Wind peischt den Regen regelrecht gegen die Autoseite. Nur ganz langsam fahren wir weiter, sind froh, dass es nur Hagel ist, der vom Himmel fällt und kein Sandsturm. Heftig war es dennoch, und wir sind froh, dass wir diese Front hinter uns lassen können.
Schließlich erreichen wir Baruunturuun, einen kleinen Ort, in dem wir unseren Tank auffüllen - wir können hier sogar mit Kreditkarte bezahlen, was in größeren Orten schon öfter nicht funktionierte. Da wir unseren Dünensee heute ohnehin nicht mehr erreichen werden, schlagen wir unsere Zelte 10 km hinter dem Ort auf, an einem kleinen FLuß, den wir gerade per Furt überquert haben. Das nutzen wir doch gleich aus, um unserer Dicken den Staub vom Arsch zu waschen (apropos Staub ... ganz schlimmes Thema ...:-), um wieder zumindest die Heckklappe staubfrei öffnen zu können. Zwei Töpfe geschnappt, ab in den Fluß und dann fliegen mehrere Wasserladungen an das Heck unserer Dicken. Schön, so geht's noch 100 m am Fluß entlang, wo wir noch einen sehr gemütlichen und sonnigen Abend verbringen. Sogar Programm gibt es noch im "Fern"sehen: Ein Moped mit zwei Mann drauf durchquert die FUrt und packt sich dabei hin. Das Moped liegt im Wasser und springt nicht mehr an. Während wir Abendbrot essen, ahnen wir es schon: unsere HIlfe wird benötigt. EIne halbe Stunde später fliegt dann unser Werkzeug von einer Flußseite zur anderen und wieder eine halbe Stunde später fliegt es wieder zurück, als das Moped wieder läuft ... und alles läuft ganz entspannt ab ... gute Nacht.