Götterdämmerung
Dramatische Szenen spielen sich ab kurz bevor wir unser Tagesziel erreichen. Szenen wie sie einem Hollywood Blockbuster a la Twister gut zu Gesicht stünden. Unsere Dicke "fliegt" mit 60 km/h über die Wellblechpisten. Die Staubfahne ist im Rückspiegel kaum auszumachen. Fahrer und Navigatorin blicken sich immer wieder um zu der gewaltigen, bedrohlichen Wand aus Staub und Sand die Meter für Meter heranrückt. Doch dazu später mehr.
Zunächst beginnt der Tag mitten in der Nacht. Unseren Standplatz hatten wir über eine etwas ekelig zu befahrende kurze Piste erreicht. Trotz des Wolkenlosen Himmels am Abend und der Windstille werden wir gegen 1 Uhr von Blitz, Donner und Regen geweckt. Um nicht am nächsten Morgen "eingesperrt" zu sein, weil durch viel Regen die Piste nicht befahrbar ist, fahren wir die 400m im Dunkeln zurück bis wir kurz vor der Hauptpiste einen Platz für den Rest der Nacht finden. Morgens fahren wir wieder zum Fluss(es hat natürlich bei weitem nicht so geregnet das es die Piste unbefahrbar gemacht hätte) und frühstücken. Tagesziel für heute soll eine Felsformation (Tsagaan Suvraga) sein. Die Felswand ist ca. 60m hoch und 400m breit. Durch die verschiedenen Sedimentschichten hat sich über Jahrhunderte hier eine bizarre Felsenlandschaft gebildet. Wir haben von unserem Übernachtungsplatz zum Ziel weder in den Papierkarten noch in den digitalen Karten eine Piste verzeichnet so das wir zunächst nur nach Richtung über freies Gelände fahren. Zusehend wird die Umgebung karger. Rechts und links des Weges gibt es kaum noch einmal etwas grünes zu sehen. Dafür sehen wir immer häufiger Kamelherden.


Irgendwann hören wir Geräusche von hinten links. Steinchen in der Bremse? Mal anhalten und rückwärts fahren. Ein klackern. Ruhe. Also weiter fahren. Nach wenigen hundert Metern wieder Geräusche von links. Über viele Kilometer ignorieren wir das mit der sicheren Meinung das es nur ein Steinchen in der Bremse sein kann. Irgendwann nach vielleicht 20km und mehrfachen Bremsmanövern sowie rückwärts und vorwärtsfahren steigt die Unsicherheit. Doch was anderes? Lagerschaden? Wir halten an und ich nehme das Hinterrad ab. Der Wind hat über den Tag zugenommen und pfeift unter dem Auto her. Ständig bekomme ich Sand und Staub ins Gesicht geweht. Eine halbe STunde später ist klar: Es WAR nur ein Stein bzw. mehrere Steinchen in der Bremse. Besser so als anders. Zufrieden setzen wir unsere Fahrt fort. Kurz hinter dem nächsten Ort erreichen wir eine Asphaltstrasse. Von dieser wird später unsrere Piste zur Tsagaan Suvraga abgehen. Doch vorher versuchen wir hier unsere mongolische Sim-Karte wieder Internetfähig zu machen, sprich ein Datenpacket zu buchen. Das gelingt uns hier wegen Verständigungsproblemen noch nicht. Erst im darauffolgen Ort spricht ein junger Mann etwas Englisch und kann uns die Menüführung in der App erklären und bucht uns das gewünscht Packet. Wir sind also wieder drin:-) Schon auf der Asphaltpiste sehen wir in weiter Ferne große Wolkenformationen. Sieht nach viel Regen aus. Hoffentlich kommt das nicht alles über uns hernieder. Wir fahren fast parallel zu dazu und bewundern die immer bedrohlicher wirkenden Wolken. Sie scheinen bis zum Boden zu reichen. Unsrere Richtung wird sich nachher um 90 Grad ändern so das wir die Wolkenwand dann im Rücken haben werden. Noch sind wir guter Dinge das uns diese Regenwand verschont. Aber irgendwie - Das sieht nicht wirklich aus wie Regen, oder? Möglichweise ein Sandsturm?! Wir haben noch nie einen Sandsturm erlebt und kennen solche Bilder nur aus dem Fernsehen. Mittlerweile sind wir uns (fast) sicher das es einer ist. Es sieht aber nicht so aus als ob......oder doch? Doch! Es IST ein Sandsturm und er kommt in unsrere Richtung. Wir wissen nicht ob wir in einem Sandsturm noch fahren können. Wie wird die Sicht sein? Ist es vielleicht besser den Motor abzustellen um nicht zuviel Staub und Sand einzusaugen? Die Stelle an der unsere den Knick mach ist gleich erreicht. Deutlich steht jetzt der aufgewirbelte Sand wie eine kilometerbreite bis in den Himmel reichende Wand neben uns. Als wir den Knick passiert haben steht die Wand hinter uns, womit wir uns bei der eingangs erwähnten Szenerie wiederfinden. Es geht einen Hügel hinauf. Nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel. Nur noch wenige Meter bis die Staubwolke und erreicht. Wenn ich zur Seite aus dem Fenster schaue sehe ich die ersten Staubschwaden neben mir. Die Kuppe des Hügels ist unser Ziel. Wir können schon Autos erkennen die ebenfalls auf dem Hügel stehen. Kurz bevor uns die Staubwolke komplett eingeholt hat erreichen wir die Kuppe auf der neben den Autos auch großer Container steht hinter dem wir sofort Deckung suchen. Geschafft.


Sechs oder sieben Autos stehen hinter dem Container und deren Insassen warten wie wir den Sturm ab. Nach 30 Minuten ist alles vorbei. Am Himmel zeigen sich erste blaue Flecken. Die Wand steht jetzt vor uns und zieht weiter. Wir geniessen die Aussicht auf die Felsformation und suchen uns bei einer Schleichfahrt durch diese Geologische Besonderheit unser Nachtlager.

