Am Fluss Ongi
Kaum zu glauben, die Sonne scheint ins Zimmer, obwohl es die ganze Nacht durchgeregnet hat. Laut Wettervorhersage sollen dort, wo wir heute hinfahren, 32 Grad werden. Zeit, wieder die Shorts rauszuholen ... Im Hotel erwartet uns aber erst einmal noch ein Frühstück, natürlich kein kontinentales, sondern nach mongolischer Art mit einer Tasse Tee oder Instant-Kaffee, zwei Weißbrotscheiben, ein Minikleks Butter, daneben ein Minikleks Marmelade und mit der Haupt-Frühstücksspeise, einer warmen Suppe mit einer Art Spinat, Fleischstückchen und Ei - das ganze fertig serviert auf einem Tablett. So bekommen es alle anwesenden Frühstücksgäste, vom starken Mongolen-Mann bis zum Mongolen-Kind. Das Ganze lässt sich schon essen bzw. schlürfen, aber unser selbstgemachtes Frühstück ist um Längen besser. Wir schwatzen noch kurz mit einem russischen Pärchen, die auch mit dem eigenen Geländewagen hier unterwegs sind. Er ist von den Sachalin-Inseln und sie aus Nowosibirsk, wo sie in 10 Tagen zurück sein wollen. Vorher wollen auch sie aber noch in die Gobi. Wir sind schon nicht sehr langsam unterwegs, aber das scheint uns schon ein sehr sportlicher Zeitplan zu sein. Die Dicke bekommt hinter dem Hotel auch gleich mal eine Wäsche verpasst (wir sind ja schon wieder sauber), denn sie quietscht ein wenig - vielleicht vor Dreck ...;-) Die Säuberung macht wahrscheinlich nicht viel Sinn, denn es geht heute nur über Sandpisten weiter, aber vielleicht kann man wenigstens für einen Tag die Türen öffnen, ohne gleich Dreckfinger zu kriegen. Ja, von der peniblen Sauberkeit, die man zu Hause gewöhnt ist, muss man Abstriche machen. Das zu Lernen, dauert eine Weile, aber wir sind ja lange genug unterwegs ...;-)
Die Fahrt geht durch weite Steppenlandschaft, die sich so langsam verändert. Anfangs stehen in den Fahrrinnen der Piste noch Wasserlachen, teilweise mehrere hundert Meter lang (da freut sich gleich die frisch geputzte Dicke). Später wird der Bewuchs spärlicher. Fast nur noch trockene Büsche und trockenes Gras, aber auch das verschwindet so langsam. Teilweise ist nur noch Geröll und Sand um uns herum. Faszinierend sind jedoch immer wieder die Weitblicke. Wir schauen bis zu Horizont, bis der Blick durch nichts mehr aufgehalten wird - kein Tier, kein Berg, einfach nichts, soweit der Blick reicht. Ab und an fahren wir aber auch noch durch Graslandschaften, in denen dann wieder Jurten stehen und Viehherden unseren Weg kreuzen. Dann auch mal ein Fuchs, der aber genauso schnell wieder verschwunden ist, Kamelherden sind jetzt öfter zu sehen, und wieder mal ein paar Kraniche. Und überall sitzen die Greifvögel auf den kleinsten Erhebungen - wenn die Landschaft manchmal so flach ist, sieht man sie schon weit vorher und erst, wenn man anhält, steigen sie auf.
Die Sonne knallt übrigens, es sind jetzt schon 32 Grad - wir nähern uns also auch temperaturmäßig der Gobi.
In Saikhan-Ovoo ist dann erst einmal Schluß. Der Fluß Ongi, dessen Lauf wir in einiger Entfernung parallel gefolgt sind, liegt vor uns - breit und schnell fließend. Wir müssen dort rüber. Es gibt jedoch nur eine Fußgängerbrücke hier, die zwar auch von Mopeds genutzt wird, aber für uns viel viel zu klein ist. Also furten, nur wo? Die Stelle, an der die Furt auf unserer Karte eingezeichnet ist, sieht nicht so aus, als würden öfter Fahrzeuge auf die andere Seite fahren. Trotzdem waten wir durch das trübe Wasser, um festzustellen, dass wir hier nur ungern furten möchten. Was bleibt? Wir laufen eine halbe Stunde zu Fuß den Flußlauf entlang, um eine geeignete Stelle zum Furten zu finden. Eine weitere breite Stelle im Fluß zeigt sich als geeignet. Dennoch sind wir etas unsicher. Und kein weiteres Auto weit und breit, das den Fluß queren möchte, obwohl das Dorf genau auf der anderen Flußseite liegt. Kinder baden im Fluß (das würden wir auch gern bei den Temperaturen, wenn man nicht immer diese Aufgaben zu lösen hätte) und schauen mehr oder weniger interessiert unseren Bemühungen zu. Nach längerem Überlegen und weiterem Ablaufen der Furt zu Fuß - das Wasser ist knietief mit weichem Untergrund - fällen wir die Entscheidung, es zu versuchen; ein Junge aus dem Dorf gibt uns zu verstehen, dass wir hier richtig sind und dies die übliche Stelle für die Flußdurchquerung ist. Also, einsteigen, Motor an, Geländehöhe Plus gewählt, Untersetzung rein und los. Und geschafft - ohne Probleme. Im Ort selbst finden wir dann auch noch eine Tankstelle, die funktioniert, und füllen unseren erst halbleeren Tank - sicher ist sicher, denn nicht jede Tankstelle in den abgelegenen Dörfern hat jede Sorte Sprit, mal ist auch keine Kartenzahlung möglich und wie die Spritqualität einzuschätzen ist, wissen wir ohnehin nicht (Selbstgebrannter wird wohl nicht mehr verwendet).


Nun ist es nicht mehr weit bis zu unserem Tagesziel, die Ruinen des Ongi-Klosters, die auch beidseits am Fluß Ongi liegen. Wir schlendern durch die Ruinen, das KLoster wird erst langsam wieder erbaut. Wir haben SIcht auf den FLuß hinunter und schauen von oben schon einmal, wo wir unser Nachtlager errichten. Bald finden wir eine schöne einsame Stelle direkt am FLußufer und genießen den herrlichen warmen Abend. Ein gemütliches Abendessen, noch ein wenig Spazierengehen in der Umgebung, ein paar Meter die Berge hinter uns hinauf und die Füße in den Fluß gehalten, um die Strömung noch einmal zu testen und natürlich auch zur Abkühlung. Es soll trocken bleiben in der Nacht ... hoffentlich, checken können wir das nicht mehr, "unser Internet" ist derzeit alle ...

