Orkhon
Etwas unsanft werden wir geweckt. Ein Nationalparkwächter fährt auf seinem Moped alle Plätze in den Dünen an, an denen er ein Zelt stehen sieht, also auch den unseren, und weckt uns um die Park-Gebühr von 3000 Tugrik/Person zu kassieren. Zur Erinnerung: 1 Euro sind etwa 2800 Tugrik. Von daher spielt es auch keine Rolle, dass wir heute noch ein weiteres Mal die gleiche Summe für einen anderen Nationalpark bezahlen werden. Wir wollen zum Orkhon-Wasserfall, auf dem Weg dahin lassen wir das Kloster Shankh nicht links liegen. Der Orkhon ist mit rd. 1200 km der längste Fluss der Mongolei. Sein Wasserfall, nach dem Orkhon benannt obwohl er von einem Nebenfluss, dem Ulaan Gol, gespeist wird, ist mit keinen 20 m Fallhöhe und 5 m Breite sicher nicht groß, geschweige denn gewaltig, trotzdem in der zentralasiatischen Steppe unerwartet und auch für die Mongolen eine kleine Sensation. Die Anfahrt soll laut Reiseführer über eine der schlechtesten Pisten der Mongolei gehen. Vorneweg: wir wissen nicht, was uns sonst noch erwartet, aber diese 80 km zm Wasserfall haben beste Chancen auf den Spitzenplatz in dieser Wertung. Schlaglöcher wechseln sich ab mit Buckelpiste, Stein- und Lavafelder mit Furten, bevor dann wieder Schlaglöcher kommen. Wenn sich die Pisten verzweigen und aus einer Piste drei, vier oder auch sieben hervorgehen, erwartet einen auf den mittleren meist eine steile schlammige Rampe, auf den äußeren eine z.T. unangenehme Schräglage. Wir wählen meist eine der mittleren Pisten aufgrund unseres hohen Schwerpunktes am Fahrzeug. Die Mongolen, die hier häufig mit ihrem Standard-Fahrzeug, dem Toyota Prius, unterwegs sind, wählen eher die äußeren Pisten, weil ihnen die Bodenfreiheit fehlt. Überhaupt muss man mal gesehen haben, was mit so einem PKW alles geht:-). Es bleibt zwar bei denen nicht alles heile, alle paar Kilometer liegt irgendein Teil von so einem Prius herum, dazwischen immer wieder einer, der eine Böschung nicht herauf kommt oder der hinter einer Furt mit offener Motorhaube steht. Aber die meisten kommen durch. Und das sind viele. Sehr viele. Es ist noch immer Naadam-Festzeit und viele Mongolen nutzen den freien Tag für einen Ausflug. Was einerseits manchmal skuril anzusehen ist(wenn z.B. sieben Personen aus dem Prius austeigen, damit der achte als Fahrer dann eine kurze Passage mit weniger Gewicht nehmen kann), wird für uns manchmal zur Qual, weil wir warten müssen bis die Karawane durch das das Steinfeld oder die Furt durch ist. Alles in allem brauchen wir für die 80 km Strecke 5 Stunden. Übrigens ist die Strecke eine Sackgasse, ich freue mich schon auf die Rückfahrt.


Am Ziel angekommen, erwartet uns eine große Wiese mit ca. 100 Fahrzeugen. Es gibt mehrere Jurtencamps und die Wiesen rumherum sind ebenfalls mit Zelten und Fahrzeugen übersäht. Über die Menge an Menschen sind wir doch etwas verwundert, denn Bilder, die wir im Vorfeld vom Wasserfall gesehen hatten, bildeten meist nur das reine Naturerlebnis ab. Angesichts der sich während der letzten Stunden mit uns durch das Tal windenden Fahrzeugkolonne war allerdings schon klar, dass wir nicht die einzigen Bewunderer des Naturspektakels sein sollten. Vom Parkplatz sind es noch mehrere hundert Meter zu Fuß über die Steppe, die mit Lavagestein versetzt ist. Angeboten wird aber auch der Transport per Pferd oder Yak zum Ort des Geschehens. Der Fluß plätschert ein paar Meter weiter erst gemütlich durch die Wiesen, bis er an einer Basaltkante mit Wucht 20 m in einen Talkessel stürzt und sich dann ein paar hundert Meter weiter in den Orkhon ergießt. Wir schauen uns das Ganze von oben an und spazieren am kleinen Canyon noch ein wenig weiter. Wenig später kann man mit ein wenig KLetterei auch auf Flußhöhe hinabsteigen und zum Talkessel zurückwandern. Insgesamt bietet sich ein schönes Naturerlebnis, zumal dies auch der erste Wasserfall unserer Reise ist.


Wer - wie wir - allerdings die großen Wasserfälle in Island kennt, ist nicht ganz soooo beeindruckt. Schön ist der Gesamteindruck, der sich mit der Steppenlandschaft, den vielen Tieren und dem Spiel von Licht und Schatten bietet. Unser Zelt bauen wir etwas abseits des Trubels an einem Hang auf und genießen mit der untergehenden Sonne den Blick von oben.