Ein anderer Weg

Ein anderer Weg

Die Wärme im Zelt lässt uns früh wach werden ... der Blick geht in die sonnenbeschienene Dünenlandschaft um uns herum. Der Reifen auf dem Dach ist schon wieder gegen die Dachbox gerutscht und muss neu befestigt werden. Keine leichte Aufgabe, bei diesen Temperaturen schon am Morgen.
 
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Nachdem wir die Dicke voll getankt haben, führt uns eine Asphaltstraße Richtung Westen. Unser ferneres Ziel in den nächsten Tagen ist der Khövsgöl-See im Norden der Mongolei, und dahin führen verschiedene Straßen, Wege und Pisten. Leider ist auf die Straßenkarten nicht unbedingt Verlaß, zum einen wird das Straßennetz ständig erweitert, zum anderen stimmen die Karten nicht immer - mal ist eine befestigte Straße angegeben, die sich als Piste entpuppt und mal ist eine Schotterpiste in der Karte verzeichnet, wo dann bester Asphalt liegt. Nach einigem Überlegen entscheiden wir, den zwar längeren Weg Richtung Norden zu nehmen, der aber auch die längere Strecke Asphaltstraße mit sich bringt - Pisten fahren wir ohnehin genug war der Gedanke dabei. Und so nehmen wir Kilometer um Kilometer auf der Asphaltstraße zunächst Richtung Westen, bis wir dann doch - laut Karte - an einer Stelle nach Norden auf Pisten abbiegen müssen. Wir stehen auf der Straße und überlegen noch, ob wir den richtigen Abbiegepunkt erreicht haben, als hinter uns ein Fahrzeug hält. Schnell stehen Vater und Sohn (so vermuten wir zumindest) neben unserer Scheibe. Und siehe da - der Junge, ca. 10 Jahre alt, fragt uns auf Englisch, wo wir denn hin wollen. Wir erklären und zeigen auf der Karte ... und es entspinnt sich eine ca. 10minütige Diskussionsrunde über unsere geplante Route. Vater auf mongolisch, Sohn auf Englisch, Sohn auf MOngolisch zu Vater, Karte hin, Karte her, ja, nein, wir zeigen, die beiden diskutieren, hier lang, dort lang nicht (zu viel Wasser, Fluß, da kommt ihr nicht drüber). Letztlich entscheiden wir uns, dem Rat der beiden zu folgen und nehmen eine andere Route als die geplante. Damit sind wir zwar am geplanten Abbiegepunkt, nur wurde uns jetzt eine Strecke empfohlen, die weiter auf den Papierkarten noch auf unserer Online-Karte verzeichnet ist. Erst etwas skeptisch, freunden wir uns - insbesondere angesichts der schönen umgebenden Landschaft - mit dem Gedanken an, auf weglosem Pfad unterwegs zu sein und "Neuland zu befahren". Umdrehen können wir immer noch, denken wir, und fahren gut gelaunt weiter, während unser Tracking einen neuen Strich auf's Tablet zaubert.
 
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Drei Stunden sind laut unseren Hilfsnavigatoren geplant. Und tatsächlich - nach einer knappen Stunde erreichen wir Mogod, ein kleines Dorf. Und das ganz ohne Karte und Navi. Und das, obwohl sich die Piste unterwegs mehrfach verzweigt (ok, wir haben unterwegs bei anderen Fahrzeugführern noch einmal nachgefragt, ob wir noch richtig sind). Weiter geht's nach Norden zum nächsten Dorf ... wieder arbeiten wir mit der Online-Karte, auf der wir nach Höhenlinien von Tal zu Tal fahren. Die Piste verzweigt sich wieder mehrfach, irgendwann wird die, die wir gewählt haben schlechter und noch schlechter, bis wir auf einer Wiese stehen, vor uns ein trockenes Flußbett, aber keine Fährte mehr erkennbar. Was bleibt - aussteigen und umschauen oder zurückfahren und eine andere Route wählen. Wir laufen ca. 10 Minuten umher und finden glücklicherweise wieder eine Fahrrinne, die uns dann auch nach längerer Zeit in das nächste Dorf führt. Jetzt waren wir allerdings länger als eine Stunde unterwegs, schlechte Wege erfordern eben doch noch mehr Zeit. Etwas weiter wollen wir aber noch und entscheiden uns, zum nächsten Fluß zu fahren, dem Orkhon, und hoffen dort auf ein schönes Nachtlager. Bis zum Orkhon und zum gleichnamigen Dorf gelangen wir tatsächlich noch (hier führt dann auch eine der wenigen Brücken über den Fluß), und auch ein Plätzchen an einem kleinen Bach ist auch gefunden. Es ist auch spät geworden, und wir haben Hunger.
Was sagt eigentlich der Blick in den Wetterbericht, schließlich sind am Horizont einige Blitze zu sehen und ein wenig tröpfelt es ja auch schon? Wind 5 km und ein wenig Regen in der Nacht. Alles klar! Tisch und Stuhl sind ausgepackt, Brot, Wurst, Tomate, Zwiebeln und zwei Bier. Wir mampfen so vor uns hin und überlegen, ob wir die Markise vor dem Auto, unter der wir gerade sitzen, noch Abspannen für die Nacht. Der Gedanke ist noch nicht zu Ende gebracht, als ein Bein der Markise schon halb in der Luft hängt. Schlagartig hat der Wind extrem zugenommen und als wir uns umdrehen, kommt eine dunkle Regenfront auf uns zu. Dann geht alles ganz schnell. Der plötzliche Sturm droht, die Markise in ein Segel zu verwandeln. Wir springen auf und greifen jeder eine Seite und halten erst einmal alles fest. Der Regen wird stärker. Der Wind rüttelt an der Markise. Die Bierdosen werden umgepustet, das Bier läuft über den Tisch und weicht alles ein. Egal, Irgendetwas müssen wir tun mit der Markise, die wir noch immer nur festhalten. Einpacken! Beine und Gestell einholen, aufrollen und irgendwann sitzt das Ding in seiner Halterung. Glück gehabt, Markise gerettet. Nur unser Abendessen nicht. Der Wind peitscht inzwischen, wir sind nass und unser Abendessen auch. Schnell schmeißen wir alles, was noch zu retten ist, ins Auto. Die Tomaten, Zwiebeln und das aufgeweichte Brot sowie die klebrigen Bierdosen landen - sorry - irgendwo auf der Wiese. Tisch und Stühle irgendwie irgendwo ins Auto gequetscht und dann wir auch noch hinein. Geschafft - wir sind zwar patschnass, aber jetzt zumindest im Auto, das uns angesichts des Blitzens und Donnerns um uns herum eine gewisse Sicherheit gibt. Einige Minuten liegen wir im Auto, in dem wir unsere Liegefläche natürlich noch nicht vorbereitet hatten und schauen dem Spektakel um uns herum zu. Jetzt gehen wir auf Nummer sicher, schließlich wollen wir morgen auch noch von der Wiese herunterkommen und nicht im aufgeweichten Boden stecken bleiben. Also zurück ins Dorf, wo wir zwischen zwei Häusern, je ein Minimarkt, einen für uns halbwegs sicheren Platz für die Nacht finden. Das Spektakel am Himmel nimmt kein Ende, Blitze ringsherum, Donner und Regen. Als der etwas nachlässt, trauen wir uns doch noch einmal aus dem Auto heraus und können noch ein wenig Ordnung in das Chaos im Auto bringen. Unser ausgefallenes Abendbrot gleichen wir noch mit einem Eis aus, das wir in einem der Supermärkte erwerben, schauen unter dem Vordach noch ein wenig dem Himmelsspektakel zu und freuen uns, dass alles glatt gegangen ist. Dann kriechen wir in unsere Dicke und lassen den wieder stärker werdenden Regen Regen sein ...