7 Stunden ...

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...und länger haben wir gelesen kann der Grenzübertritt zwischen Rußland und der Mongolei dauern. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir uns den Tag eher zurecht trödeln - nach ausgiebigem Frühstück, tanken, Auto waschen lassen, einkaufen. Ansonsten ist der Weg klar, es geht nach Süden. Auf dem Weg zum Grenzübergang liegt noch das Kloster Ivolginsky, das bedeudendste buddhistische Kloster auf russischem Boden. Dort wird neben dem religiösem Zeugs aber z.B. auch Informatik gelehrt, das Kloster hat ca. 100 Studenten, die auch im Kloster leben. Auffällig offensiv wird fast überall um Geldspenden gebeten, das Fotografieren in den Tempeln bei "Straf" untersagt. Wir machen einen kleinen Rundgang, bevor es weitergeht. Optisch ist der Komplex aber doch ziemlich ansprechend.
 
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Die Grenze hat laut Reiseführer und Auswärtigem Amt von 9 bis 19 Uhr geöffnet. In Reiseberichten haben wir gelesen, dass auch während der Öffnungszeiten oft stundenlang nichts passiert. Ein Blick auf die Uhr und eine kurze Hochrechnung .... 17:30 an der Grenze. Na, ob das noch was wird oder ob wir im Niemandsland übernachten müssen? Wir werden sehen. 17:45 stehen wir am ersten Kontrollposten, vor uns ein Fahrzeug mit mogolischem Kennzeichen, davor eine rote Ampel. Prima! Überraschend schaltet die Ampel nach wenigen Minuten auf Grün und das dazugehörige Tor wird geöffnet. Pässe vorzeigen(1), weiterfahren. 100m weiter stehen etwas 15 Fahrzeuge, alle mit mongolischen Kennzeichen, deren Insassen entweder damit beschäftigt sind, ihre Autos komplett auszuräumen oder irgendwo auf einem Bordstein oder einer Treppenstufe sitzen. Das sieht nach laaange aus. Überraschenderweise ist der in russische Zöllner erstens sehr bemüht, uns zu erklären, wo und womit es weitergeht und zweitens geschieht das Ganze in englischer Sprache. Das kennen wir auch anders. Anke(= Driver, damit ist der Besitzer des Autos gemeint) muss mit dem Zollpapier von der Einreise, den Fahrzeugpapieren und den Pässen aller Mitreisenden in ein Gebäude, alle Passagiere warten am Auto. Übermittelt ist, dass alle Dokumente im Gebäude kontrolliert wurden (Pässe vorzeigen (2)). In der Zwischenzeit wurden verschiedene mongolische Fahrzeuge abgefertigt. Das aber gründlich. Die russischen Zöllner schauen in jede Tasche, klopfen jeden Hohlraum des Autos ab, öffnen jede Klappe. Taschen müssen ausgeräumt werden, und wenn es nicht schnell genug geht, wird herumgeschnauzt. Dabei beschäftigen sich immer drei Zöllner gleichzeitig mit einem Auto. Diese Abfertigung des Fahrzeugs geht jedoch erst dann, wenn "Driver" mit dem Zollpapier, welches jetzt einen Stempel mehr hat, wieder aufgetaucht ist. Das war bei uns nach ca. 30 Minuten der Fall, aber nur deshalb, weil viele mongolische Männer in dem Gebäude der Nemetzki-Driverin den Vortritt lassen. Da mich noch niemand aufgefordert hat irgendetwas auszupacken lasse ich es auch. Das abgestempelte Zollpapier haten dann auch wir nach ca. 30 Minuten, aber nur deshalb, weil viele mongolische Männer in dem Gebäude der Nemetzki-Driverin den Vortritt liessen. Jetzt die Aufmerksamkeit eines Zöllners mit einem alles andere als diskretem Wink mit eben jenem Papier lenken. Zöllner versteht - und wenige Minuten später stehen alle drei an unserem Auto. Das bißchen Englisch, dass sie können, setzen sie äußerst effektiv ein. Ein Fingerzeig auf die Dachbox - "open". Ein Fingerzeig auf Türen, Heckklappe und Motorhaube - "open". Dann stürzen sich alle drei gleichzeitig auf das Auto, jeder wühlt in irgendeiner Tür oder einem Fach oder fragt irgendetwas, z.B. "Medical Box?" oder "Food?". So ganz wohl fühlt man sich dabei nicht. Zwei Personen können nun einmal schlecht drei Zöllnern gleichzeitig irgendwelche Ein-Wort-Fragen beantworten und gleichzeitig Fächer aus- und wieder einräumen. Irgendwann fällt das Auge auf unser Zelt, welches in der Dachbox liegt. Das Oztent hat ein Packmaß von 2 m Länge und 30 cm Durchmesser und ist damit natürlich schnell mit einem Granatwerfer oder ähnlichem Gerät zu verwechseln. Ich kann dem Zöllner mit meinem Ein-Wort-Russisch erklären, dass es um ein Zelt handelt. Er will trotzdem nachsehen und steigt auf den Hinterradreifen. Kaum oben, erblickt er den Fußball, den wir dabei haben, kommt herunter und lacht. "Germany out, Russia next game out" - Stempel auf die Zollerklärung. Weiterfahren. 30 m. Ein unscheinbares kleines Häuschen, in dem eine offensichtlich genervte russischen Zöllnerin sitzt. "Passport"(3), "maschina passport". Ein bißchen Geklimper auf der Tastatur - wir bekommen den Stempel in den Pass, die Migrationskarten werden einbehalten. Weiterfahren. 50 m. Schranke. Pässe vorzeigen(4). Weiterfahren. Wir sind aus Russland heraus und rollen jetzt auf die mongolische Grenze zu.
Zunächst geht es durch ein Desinfektionsbad (mit dem Auto). Direkt dahinter empfängt uns eine Zöllnerin, die auf unser "njet" auf die Frage, ob wir russisch sprechen, zunächst mal verzweifelt schaut und dann ihr bestes Englisch auspackt. "Driver". Und gibt zu verstehen, dass der Driver ihr folgen soll. Interessanterweise wickelt den gesamten Verkehr sowohl an der russischen als auch an der mongolischen Grenze nur derjenige ab, der das Fahrzeug temporär importiert. Also muss der Driver auch immer mit den Pässen der Passagiere zu allen Kontrollpunkten. Driverin verschwindet also mit der Zöllnerin in einem Gebäude und kommt, nach Kontrolle der Pässe(5) und der Fahrzeugpapiere mit einer Art Laufzettel zurück. Weiterfahren. Als nächstes überfahre ich erst einmal eine Stoplinie:-) - bis mir der mongolische Grenzer hinterherpfeift. Ich setze zurück, er lacht noch. Pässe(6) und rudimentäre Gepäckkontrolle (Heckklappe öffnen "oh" lachen, Heckklappe zu). Dann zeigt er uns, wo es weitergeht - zur Passkontrolle:-). Ähnlich wie in Russland wird hier eine Art Migrationskarte ausgefüllt, und wir bekommen einen Einreisestempel in den Pass. Die Zöllner sind sichtlich amüsiert über Ankes Foto im Pass. Wir sind schon viel herumgekommen. Lachende Zöllner habe ich bisher aber noch nie gesehen. Warum jetzt auf allerkürzestem Wege noch zwei Mal die Pässe kontrolliert werden und wir dabei jeweils einen Stempel auf den Laufzettel bekommen? Ein Rätsel. Jetzt muss noch das anfängliche Infektionsbad für die Dicke bezahlt werden. Natürlich in Tugrik, die wir noch nicht haben. Aber zwei Meter weiter steht ein Geldautomat. Wir ziehen einen Betrag - das Bad kostet ca. 2,50 EUR - somit wäre auch das erledigt. Der letzte Schritt des Grenzübertritts ist der Erwerb einer Versicherung für das Auto. Dies geschieht noch im Niemandsland. Bezahlung der rd. 65000 Tugrik(ca 22 Euro) geht nur in bar. Wer schon einmal versucht hat, in Deutschland bei einer Bank Tugrik zu bekommen, der weiß - wir können gar nicht genügend Bargeld haben. Also wird kurzerhand schon einmal der "Versicherungsschein" ausgehändigt, und wir können einreisen, ohne sofort zu bezahlen. Dafür kennen wir den Weg zur Bank, die wenige 100 m weiter ist. Geld abgehoben (600.000 Tugrik - man könnte auch mehr, dann wäre man schnell Millionär) und zurück zum Bezahlen - 19:45, 2 Stunden. Wer kann das unterbieten??
Die Mongolei empfängt uns erstaunlicherweise gleich hinter der Grenze, wie man sich gemeinhin die Mongolei vorstellt. Nach wenigen Kilometern laufen die ersten Pferde durchs Dorf. Die Landschaft sieht genauso aus, wie man sie sich vorstellt. Erste Gers (Jurten). Und Reiter treiben Pferde in vollem Galopp über die Steppe. Wir beschließen, uns einen Platz für die Nacht zu suchen und finden eine kleine Baumgruppe unweit der Piste, auf der wir gefahren sind. Als wir dort aussteigen, empfängt uns ein Geruch wie auf einem Gewürzbasar. Wahrscheinlich wilder Thymian, dessen Geruch über der ganzen Wiese liegt, auf der wir stehen und unser Zelt aufstellen. Während wir unser Abendessen bereiten sehen wir in der Ferne Gewitter, so weit weg, dass der Donner nicht bis zu uns reicht.
Im Dunkeln lauschen wir noch ein wenig der ungewohnten Geräuschkulisse, um dabei einzuschlafen.